„Herr de la Broue, und nach ihm der Herzog von Newcastle sagen: zu einer guten Hand wird erfordert, dass sie leicht, weich und stäte sei. Diese Vollkommenheit hängt aber nicht allein von der Verrichtung der Hand , sondern auch von dem Sitz des Reiters ab: denn ist der Körper wankend, oder in Unordnung, so kommt die Hand aus der Stellung, in der sie sein muss, und der Reiter ist mit nichts als seiner Haltung beschäftigt; nebst dem müssen auch die Schenkel mit der Hand übereinstimmen, weil Sonaten die Wirkung der Hand  niemals genau sein würde. Man nennt dieses in der Kunstsprache, mit Hand und Schenkel übereinstimmen (accorder la main et les talons), welches die Vollkommenheit von allen Hülfen ist“

— François Robichon de la Guérinière

Um dieses Zitat zu verstehen, müssen wir zunächst einmal wissen, dass zu Zeiten von François Robichon de la Guérinière die Zügel meist nur mit einer Hand geführt wurden. Das Ziel der klassisch barocken Reiterei ist also grundsätzlich auch das Pferd einhändig reiten zu können.

Im zweiten Teil seines Buches “École de Cavalerie” mit der Überschrift “Von der Abrichtung der Pferde zu ihrem verschiedenen Gebrauch und Bestimmung”, aus dem auch obiges Zitat stammt, geht de la Guérinière noch näher auf die Zügelhilfen ein. So erklärt er, dass das Pferd vier “Hauptgänge” habe: Vorwärts, rückwärts, linksrum und rechtsrum. Diese vier Richtungen müsse die Reiterhand entsprechend durch Nachgeben, Anhalten, Rechtswenden und Linkswenden unterstützen.

  1. Nachgeben zum Vorwärtsgehen
    Hierfür soll der Reiter die Hand etwas niedriger einstellen und sie so abwärts drehen, dass die Fingernägel leicht abwärts weisen.
  2. Anhalten
    Die Hand soll hierfür leicht zum Körper hin wirken und gleichzeitig aufwärts gedreht werden. Diese Hilfe diene dazu, ein Pferd zu parieren, eine halbe Parade zu geben oder es rückwärts treten zu lassen. Dabei soll man darauf achten, das Gewicht nicht zu sehr in die Steigbügel zu legen, sondern eher die Schultern etwas zurück zu nehmen.
  3. Die Wendung rechts
    Man führt die Hand nach rechts und dreht die Hand leicht nach oben, so dass dieFingernägel leicht aufwärts zeigen. Das führt dazu, dass der äußere Zügel- also der linke Zügel- das Pferd nach rechts führt.
  4. Die Wendung rechts
    Man führt die Hand nach links und dreht die Hand leicht abwärts, so dass die Fingernägel leicht nach unten zeigen. So wird der rechte Zügel, der auf dieser Hand der äußere Zügel ist, das Pferd führen können.

Weiter geht de la Guérinière in diesem Kapitel darauf ein, dass es unterschiedliche Formen der Zügelführung gibt. Er geht von drei Arten aus:

  1. Mit geteilten Zügeln
    Den rechten Zügel in der rechten Hand, und den linken Zügel in der linken Hand. Diese Variante empfiehlt de la Guérinière für junge Pferde, die es noch nicht gewöhnt sind, der Zügelhand zu folgen. Weiter sei sie geeignet für widersetzliche Pferde besonders für solche, die sich weigern auf einer Hand zu wenden.
  2. Beide Zügel gleichlang in der linken Hand
    Diese Art zu reiten wäre vor allem bei Campagne- und Soldatenpferden, die soweit ausgebildet sind, dass sie den Zügelhilfen folgen, zu empfehlen.
  3. Ein Zügel kürzer als der andere in der linken Hand
    Reitet man ein Pferd in der Reitbahn, so sollte immer der innere Zügel leicht kürzer sein als der äußere. François Robichon de la Guérinière denkt, dass ein Pferd in der Reitbahn gestellt und gebogen sein sollte. Er ermahnt seine Leser jedoch, den inwendigen Zügel nicht zu stark zu kürzen, da sonst das Pferd in eine falsche Anlehnung kommen würde. Außerdem würde ein zu starkes Verkürzen des inneren Zügels verhindern, dass der Reiter die Wirkung beider Zügel in seiner Hand spürt.

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